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AutorenbildDr.med.vet. Lydia Pratsch

Pfui! Was frisst du da? Koprophagie beim Hund


Das Fressen von Kot wird als Koprophagie bezeichnet. Doch wer jetzt denkt, ich werde hier gleich tiefe Abgründe der Hundepsyche öffnen, den muss ich leider enttäuschen! Es ist an und für sich ein normales Verhalten und in der Tierwelt weit verbreitet. Manche Tiere (Kaninchen und Meerschweinchen) müssen sogar bestimmte Anteile ihrer Ausscheidungen fressen, um eine funktionierende Verdauung zu haben. Ok, Hunde haben diese „Ausrede“ nicht, aber ganz ehrlich wir haben ja auch recht unterschiedliche Geschmacksknospen, also bitte nicht gleich urteilen über gustatorische Präferenzen. Das wir Menschen es als total ekelig empfinden, wenn unser Liebling sich genussvoll „Schokoladeneis“ reinzieht, wo daneben vielleicht noch ein Fetzchen Papiertaschentuch liegt, ist aber verständlich. Auf alle Fälle eine Härteprobe für die Beziehung zwischen Mensch und Hund.


Aber warum tun Hunde das denn eigentlich?

Die Hundmama frisst den Kot der Welpen um das Nest sauber zu halten, bis diese alt genug sind um selbständig zu eliminieren. Extremer Hunger, Langeweile oder unangebrachte Bestrafungen im Zusammenhang mit der Elimination können ebenfalls zur Entstehung beitragen. Eine Studie (Hart et al., 2018) hat versucht die Ursachen des Fressens von Hundekot näher unter die Lupe zu nehmen: zwischen 16 und 23% der 1552 hündischen Teilnehmer wurden zumindest 1x dabei beobachtet Hundekot konsumiert zu haben. Gemeinsam hatten die „Naschkatzen“, dass sie generell gierige beim Fressen sind und meist aus Mehrhundehaushalten stammen. Möglichst frisch sollte der Snack auch sein, die Mehrheit der Hunde bevorzugt Kot der nicht älter als 2 Tage ist. Kot von anderen Tierarten (und leider auch Spezien) wird auch gerne aufgenommen, weil er einfach „gut schmeckt“.


Abgesehen vom Ekel- und potentiellem "Peinlichkeitsfaktor" kann die Aufnahmen von Kot auch Auswirkungen auf die Gesundheit haben, wenn über den Kot Parasiten aufgenommen werden.

Was soll man also tun?

1.Gesundheitszustand abklären zu lassen. Eine klinische Untersuchung und eine Kotuntersuchung des Hundes sind das Minimalprogramm. Wenn der Verdacht einer Verdauungsstörung nahe liegt, bedarf es weiterer Untersuchungen. Die daraus resultierende unzureichende Aufnahme von Nährstoffen kann auch dazu führen, dass Hunde Kot fressen.

2. Nicht bestrafen!!! Aus Sichtweise des Hundes verhält er sich absolut richtig- durch das Anwenden von aversiven Methoden wird Angst ausgelöst und euren Hund verliert das Vertrauen in euch. Außerdem meist nicht von Erfolg gekrönt, da die Strafe schon extrem hart sein müsste um den Hund effektiv von den Gaumenfreuden abzuhalten.

3. Findet raus, welchen Kot euer Hund frisst (den eigenen, von anderen Hunden, von anderen Tieren, Menschen etc.)

4. Verhindert demzufolge, dass eurer Hund Kot fressen kann so gut es geht. Durch an der Leine führen, das zeitweise Tragen eines tierschutzgerechten Maulkorbes, wegräumen des Hundekotes im eigenen Garten etc. Findet eine Belohnung, die eurem Hund noch besser schmeckt als „ihr wisst schon was“ und habt sie immer dabei in Situationen wo „ihr wisst schon was“ passieren könnte.

5. Nutzt nun die Belohnung um euren Hund zu euch zu rufen bevor er sich auf …. stürzt. Am Anfang werdet ihr ihn damit noch weglocken, doch sobald er beim rufen seines Namens die Ohren spitzt und euch freudig anblickt weiß er, dass er jetzt was viel Besseres bekommt. Ihr könnt es dann noch ausbauen und eurem Hund ein Alternativerhalten (z.B. Sitz) beibringen, statt den Kot zu fressen.

6. Was nicht hilft:

Diverse Zusätze welche den Kot für den Hund unattraktiv machen sollen. Diverse Produkte wurden in der Studie von Hart untersucht, keines zeigte einen Effekt.

7. Was es noch schlimmer macht:

Den Hund anschreien, schnell hinlaufen, oder sonst wie bestrafen- das führt nur dazu, dass er es noch schneller runterschlingt, euch als Bedrohung wahrnimmt, und durch das intermittierende Belohnungsinterval (ihr werdet es nicht jedes Mal schaffen euren Hund davon abzuhalten) das Ganze noch supertoll bestärkt wird. Also wenn es passiert, dann passiert es- am besten wegsehen. Regelmäßige Parasitenkontrolle und -therapie durchführen lassen.


Zusammenfassung: Gesundheitliche Ursachen abklären und behandeln lassen. Vermeiden der Aufnahme von Kot mit nicht-aversiven Methoden. Alternatives Verhalten belohnen. Und nicht frustrieren, viele Hunde tun es und es ihnen ganz auszutreiben ist oft nicht möglich.



Literaturveweis: Hart BL, Hart LA, Thigpen AP, Tran A, Bain MJ. The paradox of canine conspecific coprophagy.Vet Med Sci. 2018;4(2):106–114. doi:10.1002/vms3.92

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